Als Gubacca ein Welpe war, saß er oft da wie eine tibetische Statue. Ernsthaft, dieser Hund konnte stundenlang gucken, als würde er die Geheimnisse des Universums entschlüsseln – während andere Welpen um ihn herum schon den zehnten Gartenzwerg zerlegt hatten. Ich habe mir damals gedacht: „Den bringt nichts aus der Ruhe! Jackpot!“
Tja. Schnitt. Pubertät. Plötzlich war mein Buddha-Hund weg und an seiner Stelle stand ein junger Gos, der gefühlt jede Fliege im Vorbeiflug persönlich zur Rede stellen musste. Ruhig sitzen und beobachten? Fehlanzeige. Stattdessen: bellen, nach vorne gehen, Alarmbereitschaft. Und da habe ich mich gefragt: Wo habe ich eigentlich den Anschluss verpasst?
Was ich (zu spät) verstanden habe
Viele Welpen setzen sich automatisch hin, wenn sie etwas Unbekanntes sehen. Das wirkt auf uns wie Gelassenheit – ist aber oft schlicht Abwarten und Checken: „Hm, was macht mein Mensch jetzt daraus?“. Ich habe das damals falsch gelesen. Statt ihm zu zeigen, dass alles in Ordnung ist, habe ich oft einfach gedacht: „Na prima, der regelt das schon.“
Spoiler: Nein. Er hat sich zwar anfangs zurückgenommen, aber die innere Spannung blieb. Und als die Hormone dazukamen – mit der Pubertät kamen Selbstbewusstsein und Testosteron ins Spiel – war aus Beobachtung plötzlich Reaktion geworden.
Die kleine Falle: Schweigen ist auch eine Antwort
Was ich gelernt habe: Jeder Blickkontakt ist eine Frage. Ein Gos guckt nicht einfach nur. Er fragt in diesem Moment: „Bine, wie gehen wir damit um?“ Und wenn wir schweigen oder unbewusst die Spannung halten, dann denkt er: „Na gut, dann entscheide ich halt.“ Schweigen kann übrigens auch mal richtig sein – aber nur, wenn wir dabei wirklich entspannt sind. Sonst sendet es das Gegenteil. Und die Gos-Entscheidung ist in 9 von 10 Fällen: lautstark bellen. Kann man machen – nur wollte ich eigentlich keinen selbsternannten Dorf-Sheriff, sondern einen verlässlichen Begleiter.
Was ich heute anders machen würde
Antwort geben
Schon im Welpenalter auf den kleinsten Blickkontakt reagieren. Das heißt nicht jedes Mal Action oder Lob, sondern ein kurzes Signal reicht – ein „alles gut“, ein Schulterzucken, weitergehen. Hauptsache, er bekommt eine Orientierung. „Alles gut, Gubacca, wir gehen weiter.“ Klingt banal – ist aber Gold wert.
Klein anfangen
Eine Herausforderung, dann wieder Normalität. Nicht Dauer-Action, sondern „Erlebnis, Pause, Erlebnis“.
Gemeinsame Routine
Dinge, die er unheimlich findet, bewusst gemeinsam anschauen. Nicht übergehen, nicht dramatisieren – einfach ruhig bestätigen.
Und vor allem
Verstehen, dass ruhiges Sitzen nicht automatisch souverän heißt. Manchmal ist es schlicht „Oh je, wie komme ich hier klar?“.
Fazit
Ich habe lange geglaubt, Gubacca wäre von Natur aus tiefenentspannt. Heute weiß ich: er war einfach höflich genug, mir das Ruder anzubieten – und ich hab’s nicht sofort genommen. Und genau das ist der Knackpunkt: Ein Gos will keine ständigen Befehle, aber er will wissen, dass jemand die Lage einschätzt. Das muss nichts Großes sein – manchmal reicht ein kleiner Hinweis, ein kurzes „alles gut“. Wenn wir das übernehmen, kann er wieder das sein, was er am liebsten ist: Beobachter, Hüter – aber eben nicht Alleinentscheider.
👉 Das „doppelte Denken des Gos d’Atura“ vertiefe ich in diesem Beitrag: „Das doppelte Denken des Gos d’Atura – erst denken, dann handeln“. Schau gern rein.
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