Die Geschichte des Gos d’Atura Català – warum man sie kennen sollte

Warum ich mit der Geschichte anfange?

Weil ich beim Schreiben über den Gos d’Atura immer wieder an denselben Punkt komme: Du kannst diese Rasse nicht verstehen, wenn du ihre Wurzeln nicht kennst. Viele Infos, die man online findet, kratzen eher an der Oberfläche. Nett formuliert, klar, aber mir haben sie damals nicht wirklich geholfen. Deshalb habe ich angefangen zu graben: in alten Texten, in Gesprächen mit anderen Halter*innen und natürlich in meinem Alltag mit Gubacca. Denn vieles, was heute als „typisch Gos“ gilt, ergibt plötzlich Sinn, wenn man weiß, wo die Rasse herkommt und wofür sie einmal gezüchtet wurde. Genau da steigen wir jetzt ein: in die Geschichte, das Wesen und in ein paar Details, die selbst langjährige Gos-Fans vielleicht noch nicht kannten.

Vielfalt der Rasse Gos d'Atura Catala



Zwischen Legende und Herkunft – wo beginnt die Geschichte des Gos?

Irgendwo zwischen Pyrenäennebel und mittelalterlicher Feldpost hält sich eine Geschichte, die man einfach weitererzählen möchte: Als Karl der Große mit seinem Heer nach Süden zog, soll er Hunde an seiner Seite gehabt haben. Treue, zähe Begleiter aus dem Norden, wie man sie bei Hofe und im Feld schätzte. Und vielleicht so heißt es, kreuzten sich damals ihre Wege mit denen der einheimischen Hütehunde.

Belege dafür? Keine. Aber: In den Hochweiden Kataloniens erzählt man diese Geschichte gern. Und manchmal ist ein Mythos eben das, was hängen bleibt, wenn Fakten noch auf sich warten lassen. Was wir wissen: Der Gos d’Atura Català stammt aus den katalanischen Pyrenäen, wo er seit Jahrhunderten als wendiger, ausdauernder Hütehund geschätzt wird. Seine Aufgabe war klar: Schafe hüten, selbstständig Entscheidungen treffen und dabei dem Schäfer nicht zur Last fallen. Erste schriftliche Erwähnungen stammen aus dem frühen 20. Jahrhundert, mit Beginn gezielter Zucht.¹


Woher er kommt und warum es ihn fast nicht mehr gegeben hätte

In der Region Katalonien war der Gos d’Atura lange ein selbstverständlicher Teil des ländlichen Lebens. Der Name bedeutet schlicht „Hütehund“: „Gos“ für Hund, „d’Atura“ steht für die Hirtenarbeit. Die Tiere wurden nicht gezielt nach Schönheitsidealen gezüchtet, sondern nach Leistung, Robustheit, Klugheit. Was funktionierte, wurde weitervererbt.  Der Rest sortierte sich durch das Leben aus. Im Jahr 1915 tauchten erste Hunde im spanischen Zuchtbuch auf, 1929 präsentierte man zwei Vertreter der Rasse, Tac und Iris, auf einer Ausstellung in Barcelona. Dennoch blieb der Gos d’Atura lange Zeit regional verwurzelt, fast unsichtbar für die Welt.

Der Spanische Bürgerkrieg, politische Umbrüche und die fortschreitende Technisierung der Landwirtschaft führten dazu, dass der Gos beinahe verschwand. Erst ab den 1970er-Jahren begannen engagierte Menschen damit, ihn zu retten. Sie suchten in entlegenen Gegenden nach verbliebenen Hunden, sammelten Informationen und legten die Grundlage für eine systematische Zucht. Zwischen 1972 und 1982 bildeten rund 30 sorgfältig ausgewählte Hunde die neue Basis  und retteten die Rasse. Heute ist der Gos d’Atura Català die erste offiziell anerkannte spanische Hunderasse mit FCI-Standard – ein Stück Kulturgut auf vier Pfoten.


Ein echter Arbeiter – damals wie heute

Was ihn bis heute besonders macht? Der Gos ist kein modisch gezüchteter Showhund. Er wurde gebraucht, nicht „entwickelt“. In den katalanischen Bergen war kein Platz für Hunde, die sich erst zur Arbeit überreden lassen mussten. Ein guter Gos handelte selbstständig, arbeitete oft außer Sichtweite, erkannte Konflikte in der Herde frühzeitig und griff ein. Seine Aufgabe war nicht nur das reine Hüten, sondern auch das Beschützen der Tiere, etwa vor streunenden Hunden oder wilden Tieren.

Der Gos d'Atura Catala ist bis heute ein Arbeitshund.

Diese Mischung aus Intelligenz, Wachsamkeit, Beweglichkeit und Eigeninitiative sieht man dem Gos bis heute an. Und auch, wenn viele Gossos heute auf dem Sofa liegen oder beim Agility glänzen: In seinem Kern ist er ein Arbeitshund geblieben.

 

Sturkopf und Stratege – der Charakter des Gos d'Atura

Der Gos d’Atura Català ist kein „Befehlsempfänger“. Er fragt nicht ständig, was du von ihm willst sondern, was in der Situation sinnvoll erscheint. Das macht das Zusammenleben anspruchsvoll, aber auch sehr besonders. Er ist aufmerksam, lernt schnell, kann Situationen erstaunlich gut einschätzen  und merkt sich Ungerechtigkeiten. Wer mit ihm arbeitet, braucht Geduld, Klarheit und Humor. Denn sonst sucht er sich eigene Beschäftigungen  und dann wird’s kreativ.

Viele Gossos zeigen eine klare Bindung zu ihrer Familie, sind aber keine klassischen Schmusehunde. Nähe ja,  aber nicht auf Abruf. Und oft sehr selektiv. Manche ignorieren fremde Menschen konsequent. Andere beobachten erst einmal in aller Ruhe. Und wieder andere geben direkt den Platzhirsch, mit lautstarkem Kommentar und einem Auftritt, der keiner Bühne bedarf.

Das alles kann  und darf  nerven. Aber wenn man beginnt, ihn wirklich zu verstehen, sieht man: Das ist kein sturer Hund. Das ist ein Stratege. Einer, der denkt, vergleicht, wartet. Einer, der Klarheit fordert, weil er selbst welche hat.


Typisch Gos? Typisch Gubacca.

Wer Gubacca kennt, weiß: Das ist kein Hund, den man „erzieht“ und dann läuft’s. Er ist ein Hund, mit dem man sich täglich arrangiert, verständigt, manchmal verhandelt und oft staunt. Weil er ganz genau weiß, was er will. Und weil er spürt, was man von ihm verlangt, noch bevor man es selbst so richtig greifen kann.

Typisch Gos? Ja, vermutlich. Aber vor allem: Typisch Gubacca. Mehr über Gubacca (und auch über mich) erfährst du unter  👉 Wer wir sind.

Du hast selbst einen Gos? Oder überlegst, dir einen anzuschaffen? Schreib mir in den Kommentaren oder schau auf Instagram vorbei – ich freu mich auf Austausch!


📚 Fußnote für Interessierte:

¹ Zahlreiche Quellen beschreiben den Gos als regionale Hirtenhundrasse mit Ursprung in Nordspanien. Die gängigen kynologischen Texte (u. a. FCI-Rassestandard, Artikel auf dogodu.eu, Wikipedia-Einträge auf Deutsch/Englisch) führen seine Wurzeln auf traditionelle Pyrenäen-Hundelinien zurück, ohne Hinweis auf historische Ereignisse oder Persönlichkeiten. Die Geschichte mit Karl dem Großen gilt als erzählerische Legende ohne belegbare Grundlage.


Bildnachweis: Foto oben: Svea Balke | Foto unten: erstellt mit SORA

Bine

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